Zum Start der 11. Hamburger Klimawoche erschien in der Hamburger Morgenpost ein Text von Frank Schweikert, Kurator und Sprecher des Beirats der Klimawoche, mit acht Forderungen, was Hamburg in Sachen Klimaschutz verändern sollte. Wir dokumentieren hier den Beitrag:

„Mit dem Kleinklein kann es nicht weitergehen“, hatte Hamburgs Ex-Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) jüngst in der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt. Alle müssten sich beim Klimaschutz auf „spürbare Auswirkungen“ einstellen, so unser Finanzminister. Wie recht er hat – doch kommen diese Einsichten und das Bekenntnis zum Klimaschutz reichlich spät. Seit vielen Jahren weisen Wissenschaftler auf die Folgen des Klimawandels hin, appellieren fast vergebens an Politik und Wirtschaft, denn alle Technologien und Geld für eine nachhaltige Zukunft stünden zur Verfügung. Deswegen muss die Stadt Hamburg jetzt handeln und könnte Vorbild werden! 

Verkehr

Statt durchschnittlich 139 Stunden pro Jahr im Stau zu stehen und überdurchschnittlich viel Lärm- und Feinstaubbelastung zu konsumieren, brauchen die Hamburger und Hamburgerinnen die Mobilitätswende für mehr Klimaschutz und damit verbunden mehr Lebensqualität. Daher soll die Innenstadt bis 2025 frei werden von Verbrennungsmotoren.
Vorfahrt fürs Rad: Die Infrastruktur für Radfahrer muss konsequent ausgebaut werden. Kopenhagen und Amsterdam machen es seit vielen Jahren vor – auch mit räumlich vom Autoverkehr getrennten Radwegen. Inzwischen fährt in Kopenhagen die Hälfte der Bewohner mit dem Rad zur Arbeit. 

Öffentlicher Nahverkehr

Der ÖPNV muss deutlich günstiger und attraktiver werden – das Angebot muss zur besseren Kombination von Verkehrsmitteln mit dem Ziel verbreitert werden, auf das persönliche Fahrzeug mit Verbrennungsmotor zu verzichten. Der Umbau der Busflotte auf elektrische oder Wasserstoff-Fahrzeuge soll früher als bisher geplant und bis spätestens 2030 abgeschlossen sein.
Der heute völlig überlastete Hauptbahnhof und das öffentliche Verkehrsnetz müssen schnellstens an die wachsenden Bedürfnisse angepasst und attraktiv um- sowie ausgebaut werden.

Hafen

Der Hamburger Hafen darf uns nicht krankmachen und benötigt dringend ein Nachhaltigkeits- und Klimakonzept. Ziel muss sein, dass schwerölbtriebene Schiffe den Hafen nicht mehr anlaufen dürfen. Hier könnte Hamburg Vorreiter in Europa werden – ebenso bei einer vollständigen Landstrompflicht. Die mit Steuergeldern finanzierte Landstromanlage am Kreuzfahrtterminal Altona muss verbindlich von allen Schiffen während der gesamten Liegezeit genutzt werden. Kreuzfahrtschiffe sollten wie jedes andere Hotel auch die Bettensteuer bezahlen müssen. Die Einnahmen sollen direkt in den ökologischen Umbau des Hafens fließen. Dazu zählt auch die Entwicklung passender Elektrofähren. Auch für den Hafen müssen die Hamburger Verfassung und die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen ohne Ausnahme verbindlich sein. Produkte, die dagegen verstoßen, dürfen nicht mehr von Hamburg aus befördert werden. 

Energie

Auf jedes städtische Dach gehört eine Solaranlage – nach dem Vorbild von Tübingen. Die Stadt muss die Förderung von Solaranlagen auf privaten Dächern und die Solaroffensive der Hamburger Klimawoche konsequent unterstützen. Mit sieben Cent Kosten pro Kilowattstunde ist Solarenergie konkurrenz- und alternativlos – auch in Hamburg. Pionierprojekte für kombinierte Dachbegrünungen mit Solarenergie und -thermie wären wegweisend.

Gleichzeitig muss schnellstmöglich Hamburgs größter Klimakiller, das Kohlekraftwerk Moorburg, vom Netz – einhergehend mit einem Verkaufsverbot von mit Kohle erzeugter Energie aus Moorburg ins Ausland. Der Umbau des Wärmenetzes von einem zentralen zu einem dezentralen auf Bürgerenergie orientierten Netz wäre Hamburgs Beitrag zur Energie- und Klimawende. Offensichtliche Energieverschwendung soll bestraft werden, die Strafgelder direkt der Förderung erneuerbarer Energie zugutekommen. Das Ziel: Hamburgs Energiegewinnung bis 2035 klimaneutral zu gestalten. 

Verbraucherschutz

Alle Veranstaltungen auf öffentlichen Grund müssen sofort frei von Einweggeschirr aus Plastik oder Einweg-Plastikprodukten sowie von Produkten, die Mikroplastik enthalten, werden. Plastik ist ein Drama für unsere Umwelt und unsere Meere, Mikroplastik lässt sich mittlerweile sogar in unserem Blut nachweisen. Zudem sollte Hamburg keine Produkte mehr einkaufen, die gesundheitsschädlich sind oder von Konzernen stammen, die auf Kosten der Umwelt wirtschaften oder die in Einmal-Plastik verpackt sind. Begleitet wird dieses konsequente ökologische Einkaufen der Stadt durch eine Infokampagne für die Bürger. Jeder sollte es als hanseatische Verpflichtung ansehen, beim Klima- und Umweltschutz mitzumachen. Die Hamburger Urban Gardening Offensive soll nach dem Vorbild von Andernach alle verfügbaren städtischen Flächen vor allem bedürftigen Hamburgerinnen und Hamburgern kostenfrei zur Verfügung stellen. 

Bildung

Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz als eigenes Schulfach würde die Bedeutung des Themas für uns alle und die folgenden Generationen verdeutlichen. Wegweisend könnte Hamburg bei der Vernetzung von Schulen und nachhaltigen Unternehmen und Initiativen sein. Die Hamburger Klimawoche wird konsequent zur zentralen Bildungs- und Kommunikations-Veranstaltung weiterentwickelt. Alle Schulkantinen sollen als Vorbild ausschließlich nachhaltiges Essen ausgeben. 

Abfall

Der beste Müll für Mensch und Umwelt ist der, der nicht anfällt. Hamburg sollte Vorreiter werden, Restmüll in seiner jetzigen Form gänzlich abzuschaffen. Abgeholt wird nur noch sortenreiner Müll, sortiert nach Kunststoff, Metall, Papier. Biomüll dagegen verbleibt bei den Menschen in den Quartieren. Dafür werden im gesamten Stadtgebiet – nach dem Vorbild von Paris – dezentrale Kompostierungseinrichtungen gebaut und unterhalten. Wer dennoch Müll produziert, der nicht getrennt wurde, muss dafür tief in die Tasche greifen. Ziel ist die schrittweise Reduktion der Müllverbrennungsanlagen in Hamburg und die deutliche Besteuerung der bei der Verbrennung anfallenden hochgiftigen Giftschlacke. Der Im- und Export von Müll aus oder nach Hamburg soll ganz verboten werden.

Regionalität

Die Struktur der öffentlichen regionalen Märkte soll wesentlich gestärkt werden. Die Stadt Hamburg soll sich selbst an der regionalen Landwirtschaft beteiligen und sich zur Abnahme verpackungsfreier Waren durch städtische Unternehmen verpflichten.

Ein konsequentes klimafreundliches Handeln kommt allen Hamburgern zugute und bedeutet ein Gewinn an Lebensqualität und ist unsere Bringschuld für unsere Kinder und Enkelkinder. Immer mehr Menschen erkennen das und sind bereit, ihren Beitrag zu leisten.

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